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Sternenkinder – wenn Kinder vor der Geburt sterben

Von Birgit Waldmann

Ehrenamtliche Fotografen fotografieren Sternenkinder als Erinnerung für die Eltern.

Ehrenamtliche Fotografen halten Sternenkinder auf Wunsch der Eltern auf Bildern fest. Foto: Zffoto, stock.adobe.com

Alles war schon vorbereitet daheim. Das Kinderzimmer für den kleinen Jonathan eingerichtet, die Kommode voll mit Babykleidung in Größe 56 und 62, Schnuller, Kinderwagen und die Wanne fürs Badezimmer. Doch kurz vor dem Geburtstermin waren bei Jonathan plötzlich keine Herztöne mehr feststellbar. Noch am gleichen Tag wurde deshalb in der Klinik die Geburt eingeleitet. Seine Mutter musste ihn tot zur Welt bringen. Jonathan ist damit ein sogenanntes Sternenkind.

Ursachen für Sternenkinder

Sternenkinder sind Fehl- oder Totgeburten. Als Fehlgeburten bezeichnet man dabei Kinder, die in der achten bis zehnten Schwangerschaftswoche sterben. Danach oder bei einem Fötus von mehr als 500 Gramm spricht man von einer Totgeburt. In Deutschland waren das 2019 nach Angaben des Bundesamtes für Statistik 3180, was etwa 0,41 Prozent aller in dem Jahr in Deutschland geborenen Kinder entspricht.

Ursachen für Fehl- oder Totgeburten sind häufig Entwicklungsstörungen des Kindes, auch Chromosomenstörungen oder Versorgungsprobleme der Plazenta. Bevor in Deutschland ein Diabetes-Screening gesetzlich vorgeschrieben war, hat häufig auch eine nicht diagnostizierte Diabetes-Erkrankung der Mutter zum „intrauterinen Fruchttod“ – so der medizinische Fachbegriff – geführt.

Verschiedene Ursachen können zum Tod des Babys noch im Mutterleib führen.Verschiedene Ursachen können zum Tod des Babys noch im Mutterleib führen. Foto: Ramona Heim, stock.adobe.com

Wie können Eltern so eine stille Geburt verarbeiten? Ganz wichtig ist für sie und auch für eventuelle Geschwister die Möglichkeit, sich von dem verstorbenen Kind zu verabschieden und es auf Wunsch von einem Geistlichen segnen zu lassen – ein der Taufe entsprechendes Ersatzritual, welches der Priester vollziehen kann. Das Portal http://abschied-kleiner-seelen.de/erste-hilfe/ listet auf, was Eltern und anderen Angehörigen ebenfalls helfen kann:

  • Eindrücke sammeln, das Kind in Ruhe ansehen
  • das Kind selbst versorgen, ankleiden oder in ein kleines Tuch wickeln
  • Fotos machen (lassen)
  • Fuß- und Handabdruck nehmen, zum Beispiel mit einem Stempelkissen
  • Haarlocke als Erinnerung nehmen
  • Namensbändchen von der Hebamme machen lassen
  • Namenskärtchen mit allen Angaben zu Gewicht, Größe, Geburts- und Todeszeitpunkt anfertigen lassen, inklusive Name der Hebamme
  • Urkunde vom Krankenhaus erstellen lassen – das ist besonders wichtig für Eltern, deren Kinder weniger als 500g wiegen, denn für sie gibt es keine Sterbeurkunde vom Standesamt.

Vielerorts gibt es auch Sternenkinderfotografen, die ehrenamtlich und kostenlos fotografieren, weil die Bilder ein „Beweis“ für die Existenz der Babys darstellen. Das ist wichtig für die Trauerarbeit. Die Anfrage nach Fotos geht dabei über eine Koordinationsstelle bei dein-sternenkind.eu ein, die diese an die angeschlossenen Fotografen weiterleitet. Damit die kleinen Körper durch Austrocknung nicht ihre Form verlieren, sollten sie bis zur Ankunft der Fotografin oder des Fotografen in ein Wasserbad gelegt werden.

Hilfe für Eltern von Sternenkindern

Vielerorts gibt es auch Selbsthilfegruppen für die Eltern (und auch für Geschwister), die oft von Betroffenen selbst gegründet wurden, weil ihnen seinerzeit keine solche Hilfe angeboten wurde. Sie bieten Begleitung bei der Trauerarbeit, Online-Selbsthilfegruppen und verschiedene Veranstaltungen.

Hier eine Übersicht über überregionale Selbsthilfegruppen:

Betroffenen Eltern tut der Austausch mit anderen, die ihr Schicksal teilen, gut. Außerdem bieten die Gruppen auch Infos zu möglichen Bestattungsformen, denn grundsätzlich kann jedes Kind unabhängig von Gewicht und Reife bestattet werden. Die Art und Weise ist in Deutschland je nach Bundesland aber unterschiedlich geregelt und hängt beispielsweise vom Zeitpunkt des Todes oder Gewicht des Kindes ab. Eine Übersicht dazu findet man auf der Website von Aeternitas

Erinnerungsmöglichkeiten an Sternenkinder

Manchmal gibt es auch die Möglichkeit, statt eines Grabes in Gedenken an ein verstorbenes Kind einen Baum mit Namensschild in einem Erinnerungswald pflanzen zu können – so bleibt noch mehr als ein Foto vom Kind bestehen. Und es spricht auch nichts dagegen, zu Hause Bilder von dem verstorbenen Sohn oder der Tochter aufzuhängen und so die Erinnerung daran zu bewahren. Weitere Möglichkeiten der Erinnerung sind:

  • Geburts- oder Todeskarten oder eine Zeitungsanzeige
  • Erinnerungsstücke wie ein Kuscheltier aufheben oder schaffen
  • Musik – beispielsweise eine CD mit Liedern, die man während der Schwangerschaft gerne gehört hat
  • Bilder oder Gedichte aufheben, die ans Kind erinnern
  • Jahrestage in den Kalender eintragen (Datum der Fehlgeburt, ursprünglicher Geburtstermin)
  • Kerze fürs Baby anzünden
  • einen Ort zum Trauern schaffen
  • die Plazenta eingraben und darauf ein Bäumchen pflanzen
  • Abschiedsboxen für das Baby anlegen

Erinnerungen an Sternenkinder wie Kleidung hilft Eltern, den Verlust zu verarbeiten. Eine Erinnerungsbox mit Kleidung fürs Baby, hilft Eltern, den Verlust zu verarbeiten. Foto: simpleBlocks, stock.adobe.com

Erinnern möchte auch die Initiative „Weltweites Kerzenleuchten“. Sie hat den zweiten Sonntag im Dezember zum Weltgedenktag für verstorbene Kinder erklärt und lädt Angehörige in der ganzen Welt ein, an diesem Tag ihrer verstorbenen Kinder, Enkel und Geschwister besonders zu gedenken, indem sie um 19 Uhr brennende Kerzen in die Fenster stellen. Während die Kerzen in der einen Zeitzone erlöschen, werden sie in der nächsten entzündet, sodass eine Lichterwelle 24 Stunden die ganze Welt umringt, erklärt dazu der Bundesverband Verwaister Eltern e.V., der die Initiative unterstützt.

Denn der Tod von Kindern ist noch immer ein Tabuthema. Und ganz besonders der von Sternenkindern. Auch rein gesetzlich, denn nach der Geburt eines Sternenkindes hat die Mutter nur Anspruch auf den achtwöchigen Mutterschutz, eine wenigstens einmonatige Elternzeit ist nicht vorgesehen. Viele Eltern bräuchten aber mehr Zeit, um den Tod des Kindes zu verarbeiten.

Obduktion von Sternenkindern

Wenn die Eltern zustimmen, ist auch eine Obduktion ihrer Kinder möglich. So lässt sich manchmal die Ursache für den frühen Tod feststellen. Das kann oft sehr entlastend sein, besonders für Mütter, die sich nicht selten schuldig fühlen. Wenn sich die Eltern ein weiteres Kind wünschen, kann das Obduktionsergebnis helfen, ein mögliches Wiederholungsrisiko besser einzuschätzen. Nicht zuletzt ist eine Obduktion wichtig, wenn die Eltern klären möchten, ob ein medizinischer Behandlungsfehler vorgelegen hat.

Auf eine Obduktion kann verzichtet werden, wenn bereits deutlich ist, dass die Untersuchungsergebnisse keinen Informationsgewinn bringen und keine Konsequenzen haben würden. Dies ist der Fall, wenn beispielsweise schon in der Schwangerschaft eine bestimmte Chromosomenstörung festgestellt wurde oder wenn die Todesursache offensichtlich ist wie etwa bei einer Nabelschnurkomplikation.

Grundsätzlich haben Eltern das Recht auf Nichtwissen. Eine Obduktion darf daher nur mit dem ausdrücklichen Einverständnis der Eltern durchgeführt werden.