Mit der Trauer richtig umgehen
Trauern um einen geliebten Menschen ist wichtig und darf nicht unterdrückt werden. Wer jedoch gar nicht mehr aus der Trauer herausfindet, sollte Hilfe in Anspruch nehmen. Foto: Photographee.eu, stock.adobe.com
Stirbt ein Angehöriger oder jemand aus dem Freundeskreis, ist die Trauer darüber ganz normal. Denn eine geliebte Person zu verlieren, stellt im Leben eines jeden Menschen eine schwierige Erfahrung dar. Sprüche wie „Das Leben geht weiter.“ helfen einem dabei nicht wirklich, denn Trauer ist ein natürlicher Prozess, der Zeit und Raum für Verarbeitung benötigt.
Während es in anderen Kulturen üblich ist, laut über den Verlust zu klagen und den Schmerz darüber auch gemeinsam mit anderen zu durchleben, leiden Menschen hierzulande oft still und einsam. Freunde und Bekannte meiden Trauernde oft nach ein paar Worten des Beileids, weil sie mit den Gefühlen des Betroffenen nicht umgehen können oder wollen. So fehlt es vielen Trauernden, sich über den Verlust auszutauschen und über ihre schmerzlichen Emotionen offen zu sprechen.
So funktioniert Trauer
Um Trauer bewältigen zu können, muss man erst einmal wissen, wie Trauer funktioniert. Dr. med. Steffen Häfner ist Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und ärztlicher Direktor der Klinik am schönen Moos und sagt dazu: „Menschen gehen unterschiedlich mit dem Verlust einer lieb gewonnenen Person um. Während die einen ihre Verzweiflung offen zeigen, lassen andere ihre starken Gefühle nicht zu. Gleichzeitig gibt es typische Verhaltensweisen, die den Prozess der Trauer kennzeichnen.“
So wollen viele Betroffene den Tod ihres Angehörigen zunächst nicht wahrhaben. Nach dem ersten Schock folgt dann eine Phase voller aufbrechender Emotionen, geprägt durch Frustration, Ärger und Traurigkeit.
„Daraufhin kommt es häufig zur sogenannten Suche nach dem Verstorbenen, beispielsweise durch das schmerzliche Schwelgen in Erinnerungen“, so Häfner weiter. Wer allmählich beginne, den Verlust zu verarbeiten, und sich an seine neue Realität anpasst, trete schließlich in die letzte Phase ein, die der Akzeptanz. „Es ist wichtig, sich selbst genügend Zeit zu geben, um diesen Prozess vollständig zu durchleben“, empfiehlt der Mediziner.
Über die Trauer sprechen
Trauernden rät er dazu, sich über ihre Emotionen auszutauschen, die Empfindungen mit Familie und Freunden zu teilen. Wer seine Gefühle unterdrückt, erschwert es sich, das Erlebte zu verarbeiten. Und auch wenn es schwerfällt: Trauernde sollten weiterhin auch auf sich achten, ausreichend schlafen, sich gesund ernähren und auch Aktivitäten unternehmen, die einem Freude bringen. Ablenkung darf sein und hilft dabei, wieder Kraft zu schöpfen.
Gleichzeitig gibt es keine Vorgaben dazu, wie lange man trauern darf oder gar muss – man denke nur an das vorgeschriebene Trauerjahr früherer Zeiten. Manche können ihre schmerzlichen Emotionen schneller verarbeiten, andere brauchen dafür Monate oder Jahre.
Wer um jemanden trauert, verarbeitet das Geschehene Tag für Tag, in seinem eigenen Tempo. „Dabei können ganz unterschiedliche Gefühle auftreten und auch Emotionen wie Schuld dürfen ihren Raum bekommen“, sagt Steffen Häfner.
Mit Hilfe aus der Trauer
Allerdings steht übermäßiges Grübeln einer gesunden Aufarbeitung im Weg. Häfner rät dagegen zu einer aktiven Trauerarbeit, um neue Perspektiven zu erhalten. So helfe nicht nur über seine Gefühle zu sprechen, sondern wer möchte, kann diese auch schriftlich festhalten und auf diese Weise seine Gefühle einordnen. Was für Betroffene das Richtige ist, finden sie häufig in einem ehrlichen Dialog mit sich selbst heraus.
Versinkt man aber immer mehr in seiner Trauer, schottet sich ab und findet keine Lebensfreude mehr auch nach Wochen und Monaten, sollte man über professionelle Hilfe nachdenken. Anlaufstelle kann hier der Hausarzt oder die Hausärztin sein, wer möchte kann sich aber auch erst einmal anonym an eine telefonische Seelsorge wenden. Gut sind auch Trauergruppen oder spezielle Trauercafés, wo man Gleichgesinnte trifft, die den Schmerz teilen.
Wem diese Angebote nicht helfen, der sollte sich nicht scheuen und psychologische Hilfe suchen. Häfner schlägt hier auch psychosomatische Rehakliniken vor: „Bei einem Aufenthalt von bis zu fünf oder sieben Wochen lassen sich Strategien zur langfristigen Bewältigung eines Verlustes finden.“