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Pflichtteil beim Erbe: Anspruch & Höhe

Von Katinka Bruckmeier

Auch wer enterbt wurde, hat Anspruch auf einen Teil des Erbes, den Pflichtteil.Auch wer enterbt wurde, hat Anspruch auf einen Teil des Erbes, den Pflichtteil. Foto: Butch, stock.adobe.com

„Du bist enterbt!“ – Ein Satz, den viele vor allem aus Filmen kennen. Doch auch in der Realität kommt es häufig vor, dass bestimmte Personen in einem Testament nicht bedacht werden. Formuliert wird das im letzten Willen beispielsweise mit Sätzen wie „Meine Tochter soll mich nicht beerben, alleiniger Erbe ist mein Sohn“. Dahinter können vielfältige Gründe stecken, nicht immer sind es so dramatische Geschichten wie im Film.

Was ist der Pflichtteil beim Erbe?

Wenn in einem Testament eine Person ausdrücklich vom Erbe ausgeschlossen ist, gilt diese als enterbt. Doch auch in diesem Fall haben nahe Angehörige nach § 2303 BGB Anspruch auf einen Teil des Erbes, den sogenannten Pflichtteil.

Diese Regelung gibt es, damit bestimmte gesetzliche Erben nie ganz leer ausgehen. So ist vom Gesetzgeber geregelt, dass der Erblasser – beispielsweise ein Elternteil – auch nach dem Tod noch eine gewisse Fürsorgepflicht für Angehörige wie beispielsweise die Kinder wahrnimmt.

Kinder, Ehepartner & Eltern: Wer hat Anspruch auf den Pflichtteil beim Erbe?

Anspruch auf den Pflichtteil haben nahe Angehörige, wenn sie im Testament von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen werden, im Nachlass zu gering bedacht wurden oder ihren Erbteil ausschlagen.

Zu den nahen Angehörigen gehören:

  • Die Ehegattin/ der Ehegatte: Wenn Sie zum Todeszeitpunkt noch verheiratet waren.
  • Kinder: Dazu gehören neben den eigenen auch adoptierte Kinder.
  • Eltern: Wenn die oder der Verstorbenen keine lebenden Kinder oder Ehepartner hat.

Nachkommen der Kinder wie Enkelkinder und Urenkelkinder haben nur einen Anspruch auf den Pflichtteil, wenn deren Eltern nicht mehr leben. Geschwister und Großeltern sind nicht pflichtteilsberechtigt.

Wie hoch ist der Pflichtteil laut Gesetz?

Grundsätzlich beträgt der Pflichtteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Um den Pflichtteil zu berechnen, müssen alle Angehörigen berücksichtigt werden. Zunächst berechnet man die Pflichtteilsquote und daraus dann die Höhe des Erbteils.

Pflichtteil für die Ehegattin oder den Ehegatten:

  • Wenn es neben der Ehegattin oder dem Ehegatten noch Erben erster Ordnung (Kinder oder Enkelkinder) gibt, beträgt der gesetzliche Erbteil ein Viertel des Erbes.  Der Pflichtteil beläuft sich dann auf ein Achtel des gesamten Erbes.
  • Gibt es neben der Ehegattin oder dem Ehegatten noch Erben zweiter Ordnung, beläuft sich der gesetzliche Erbteil auf die Hälfte und der Pflichtteil auf ein Viertel des Erbes.

Pflichtteil für die Kinder:

  • Beim Tod des letzten Elternteils, geht das Vermögen in der Regel komplett auf die Kinder über. Der Pflichtteil beträgt also die Hälfte des Erbes.

Pflichtteil für die Eltern:

  • Die Eltern erben nur, wenn es keine Kinder oder deren Nachkommen als Erben erster Ordnung gibt.
  • Wenn der erste Ehegatte stirbt, haben die Eltern einen gesetzlichen Anspruch auf die Hälfte des Vermögens. Der Pflichtteil beträgt dann ein Viertel.
  • Stirbt eine ledige oder verwitwete Person, würden die Eltern das gesamte Vermögen erben und haben als Pflichtteil dann Anspruch auf die Hälfte des Erbes.

Mehr zur gesetzlichen Erbfolge lesen Sie hier.

Was bedeutet die Pflichtteilsstrafklausel beim Berliner Testament?

In einem gemeinsamen Testament, dem sogenannten Berliner Testament, setzen sich die Ehepartner gegenseitig als Alleinerben ein. Nach dem Ableben eines Elternteils bekommen die Kinder kein Erbe, haben aber Anspruch auf den Pflichtteil. In diesem Fall wäre es aber klüger, darauf zu verzichten, denn die Pflichtteilsstrafklausel enterbt die Kinder dann nach dem Tod des zweiten Elternteils. Auch dann haben die Kinder nur Anspruch auf den Pflichtteil statt, wie ursprünglich von den Eltern verfügt, das komplette Erbe.

Diese Regelung gibt es, um den verbliebenen Ehepartner oder die verbliebene Ehepartnerin vor einer Aufteilung des Nachlasses zu schützen. Denn wenn Kinder ihren Anteil einfordern, muss der verbliebene Elternteil häufig Vermögenswerte wie das gemeinsame Haus veräußern, um den Kindern die eingeforderte Summe auszahlen zu können. So werden die Kinder also bestraft, wenn sie bereits nach dem Tod des ersten Elternteils den Pflichtteil einfordern.

Um den verbliebenen Partner finanziell nicht zu belasten, gibt es die Pflichtteilsstrafklausel im Berliner Testament.Um den verbliebenen Partner finanziell nicht zu belasten, gibt es die Pflichtteilsstrafklausel im Berliner Testament. Foto: andreaobzerova, stock.adobe.com

Wie kann man den Pflichtteil einfordern?

Der Pflichtteil wird nicht automatisch an die Berechtigten ausgezahlt, sie müssen ihn einfordern:

  1. Zunächst sollte man von den Erben ein Nachlassverzeichnis anfordern und prüfen, ob es korrekt ist.
  2. Durch das Nachlassverzeichnis kann die Höhe des Pflichtteils ermittelt werden.
  3. Anschließend sollte man den Anspruch schriftlich unter Angabe der Pflichteilhöhe und einer Zahlungsfrist bei den Erben geltend machen.

Wenn die Erben der Zahlungsaufforderung nicht nachkommen und eine Einigung nicht möglich ist, kann man eine Pflichtteilsklage beim Nachlassgericht erheben.

Wann verjährt der Pflichtteil beim Erbe?

Da es häufig eine Weile dauert, die Höhe des Nachlasses zu ermitteln, gibt es eine Verjährungsfrist für Pflichtteilsansprüche. Diese beträgt drei Jahre (laut §195 BGB) und beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem die oder der Pflichtteilsberechtigte von dem Erbfall erfahren hat.

Wenn die Erbin oder der Erbe erst später davon erfährt, dass ein Pflichtteilsanspruch besteht, beginnt die Verjährungsfrist also ab dem Ende dieses Jahres. Nach 30 Jahren verfällt der Anspruch jedoch.